Klaus Fußmann (1938)
Rausch der Farbe
Blick in die Ausstellung
„Im Garten des Künstlers“, Aquarell, 75 x 56 cm, signiert und datiert
„Anemonen“, Aquarell, 28 x 38 cm, signiert und datiert
„Mohn“, Aquarell, 53 x 52 cm, signiert und datiert
Blick in die Ausstellung
Aquarelle/Linolschnitte von Klaus Fußmann
Von Michael Marius Marks
Klaus Fußmann ist der wichtigste zeitgenössische deutsche Landschafts- und Blumenmaler. Das Museum am Ostwall in Dortmund bezeichnet ihn sogar als „einen der bedeutendsten Vertreter figurativer Malerei in Deutschland“.
Doch was macht Fußmann in der aktuellen Kunstszene so wesentlich? Sicherlich sein meisterlicher Umgang mit Form und Farbe, der geniale Standpunkt seiner Malerei an der Schnittstelle zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit, deren Grenzen übergangslos verschmelzen. In seinen Werken verbinden sich abstrakte Farbstrecken zu Landschaften oder Floralem. Durch diese Wesentlichkeit, die sich nicht in Details verliert, geht er unter die Haut, verknüpft er doch die Malerei des schnell-gestischen Pinsels mit dem klugen Wissen eines Gelehrten, der dem Betrachter mit sicherer Hand das zeigt, was in der Darstellung des abgebildeten Sujets vonnöten ist. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Auf der einen Seite subjektive Malerrealität, auf der anderen prachtvoll genialschöpferische Natur. Gänsehautverdächtig. Fußmann ist ein Künstler, der auf ein reifes, intensives Oeuvre zurückblicken darf. In den 60er Jahren beschäftigt er sich hauptsächlich mit dem Thema „Mensch“: Es entstehen wundersame Fabelwesen, deren Äußeres menschliche Formen assoziieren lässt. In den 70er Jahren intensiviert er dieses Sujet und fokussiert seine Malerei auf das Porträt. Dazu bemüht er so manches Mal Bekannte und Freunde, ihm Modell zu sitzen. Aber erst der Zyklus der „Werkstattbilder“ bringt ihm den Durchbruch auf dem Kunstmarkt. Die fast monochrom wirkenden Raumsituationen und Stillleben bergen eine mystische Ruhe, eine kontemplative Reduktion und sind dennoch in Komposition und Klarheit voller innerer Spannung. Anfang der 70er Jahre entdeckt Fußmann den Ort Gelting für sich und seine Frau, die beiden leben auch heute noch dort, ganz nah am Küstenstreifen der Ostsee. Das nordische Licht spielt in der Brechung des Kolorits auf festem Bütten eine besondere Rolle, und die Intensität der Blütenfarben, deren Vorbilder sich Fußmann aus seinem Bauerngarten erwählt, scheinen in eine unglaubliche Strahlkraft getaucht, mit der er nun leere Räume zu füllen vermag. Die Liebe zu kompositorischer Klarheit ist bis heute geblieben. Neben den Landschaften sind es ebendiese Farbwunder der Flora, die er in vielen Techniken beeindruckend gestaltet: Öl, Aquarell, Pastell und Grafik in all ihren Facetten. Diese Farbfeuerwerke entstehen immer dann, wenn deren „Modelle“ gerade blühen und dem Maler im Garten oder frisch geschnitten in der Vase Porträt stehen: im Februar Schneeglöckchen und Krokusse, im Vorfrühling Tulpen und Narzissen, dann später im Jahresreigen Rosen, Gladiolen, Rittersporn, Vergissmeinnicht, Astern und noch manches Blühwerk mehr, das in seinem wunderbaren Blumengarten wächst. Mit Neid betrachtet man in manchen der vielen Fußmann-Publikationen die Fotos der Blütenprachten – das Gemälde auf Papier, das Original im Blumenbeet, daneben der Künstler, diesmal nicht mit Pinsel, sondern mit Spaten bewaffnet, im Gummistiefel, erdverbunden im Sinne des Wortes. Herauszuheben in einer Schlussnotiz sei noch das Oeuvre in Öl, das entgegen der Leichtigkeit des fließenden Aquarells dick, pastos und massig auf die Leinwand gebracht wird, wo Farbbrocken und Koloritberge den Raum in Ölfarbgerüche tauchen und Jahre brauchen, um durchzutrocknen. Sie sind nicht nur bahnbrechend in ihrem kunsthistorischen Kontext, sondern auch als solche Wegweiser junger Malergenerationen, die heute auf den Kunstmarkt drängen. Klaus Fußmann, 1938 in Velbert geboren, ist nicht nur Pionier, Kunsttheoretiker und mit Palette lehrender Professor für Malerei in Berlin, sondern auch einer der großen Maler unserer Tage. Es macht uns stolz, nach einer ersten städtischen Ausstellung im Jahre 2004 nun einen umfassenderen Überblick über sein Werk an gleich drei Ausstellungsorten in Wetzlar geben zu können. Eröffnen wird die Ausstellung Björn Engholm, der nicht nur ein großer Kunstsachverständiger, sondern auch Freund und Wegbegleiter des Künstlers ist. Michael Marius Marks